42. Chormusiktage in der Franziskanerkirche (Main-Post, 09.03.2010)
Nach kurzer Begrüßung eröffnete Georg Viering als Leiter des Sängervereins Versbach 1879 das Konzert. Eingangs erklangen Kyrie und Gloria aus der Missa in F des fränkischen Klosterkomponisten Valentin Rathgeber. Die schlichte Schreibweise der Messe übertrug sich auf den Vortrag dieser überschaubaren Sängerschar. Mit natürlichem Einfühlungsvermögen in den Stil der Kompositionen von Sisak, Duruflé und Carl Philipp Emanual Bach gelang dem Sängerverein eine sympathische Wiedergabe. Dass die Frauenstimmen gegenüber den Männerstimmen deutlich an Kontur gewonnen haben, dass sie ein stabileres Stimmmaterial vorweisen konnten und ansonsten sicherer bei der Sache waren, fiel bei den Darbietungen der gemischten Chöre insgesamt auf.
Trotzdem machte der Chor in den mit gehobenem Ausdruck belegten Kompositionen von Berthier, Händel und Crassini eine gute Figur, sollte doch die Freude am Gesang und kein Wettbewerbsdenken im Vordergrund gestanden haben.
Der stark besetzte Valentin-Becker-Chor ließ unter der präzise und anfeuernd dirigierenden Elisa Krüger Gutes vermerken. Also gelang diesem Chor eine durchschlagende und dynamisch differenzierte Eloquenz in Heinrich Kaminskis „Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu dir“, in Mendelssohn Bartholdys „Warum betrübst du dich, meine Seele“ und in Schuberts „An die Sonne“. In der engagiert angestrebten Singweise haben auch hier die fundierteren Frauenstimmen den Ton angegeben. Für die Männer spricht, dass die aufgestellten Chorvereinigungen nicht unter Mangelerscheinungen oder gar unter einem „Exodus“ der Tenöre und Bässe zu leiden hatten.
Die Mädchenkantorei am Würzburger Dom unter ihrer Leiterin Domkantorin Judith Schnell stahl dem Reigen der Chorauftritte die Show. Die hellen Stimmen der jungen Sängerinnen begeisterten schon wegen des anderen Klangbilds. Beseelt, meditativ und von zarter Natur gelang den Mädchen eine gleichmäßig schreitende, die Strukturen und Inhalte behutsam ausgeleuchtete, scheinbar über allem Irdischen schwebende Ausführung. Der Bogen des Programms spannte sich von der alten zur gemäßigt modernen Musik. Die Mädchenkantorei wählte lateinische Kompositionen von Asola, Telver, Janczak, McDowell, Oswin, Rheinberger und Mendelssohn aus. Ideal traf sie den rechten stilistischen Tonfall.
Die musikalisch fein und sicher empfundenen Klavierbegleitungen von Ute Schopka für den Sängerverein Versbach und Claudia Cerha für den Valentin-Becker-Chor unterstützten nicht nur dezent das chorische Geschehen, sie steuerten auch Farbe und geeignete Impulse bei.
Die Musik bewegte sich zwischen luftiger Transparenz und kraftvoll gesteigertem Impetus, der das rechte Maß nicht aus dem Auge verloren hatte.
(Main-Post, 09. März 2010, Klaus Linsenmeyer)